Jazzpilot*innen
Herzlich willkommen bei den Jazzpilot*innen!
Hervorgegangen aus der AG Kinder und Jazz und mit Unterstützung der der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, setzen sich die Jazzpilot*innen seit 2020 dafür ein, neue Wege in der Jazzvermittlung zu gehen. Ihr Ziel ist, Jazz mit politischer Bildung zusammenzubringen und eine Symbiose aus beiden Feldern für innovative Methoden und spielerische Vermittlungsideen zu nutzen.
Politische Bildung und Jazz – wie geht das? Durch spielerische und konzeptionell gerahmte Auseinandersetzung mit musikalischer Improvisation können Lernerfahrungen gemacht werden, die, übertragen auf gesellschaftliche Kontexte, im Kleinen das erproben, was in einer demokratischen Gesellschaft tagtäglich geschieht: Meinungen aushalten, Aushandlungsprozesse begleiten, Regeln und Gesetze aufstellen, miteinander spielen und leben lernen. So können Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit und ohne Zugang zu Musikunterricht erreicht werden.
Bei den Jazzpilot*innen steht aber nicht nur das Publikum im Fokus, sondern auch Musiker*innen und Lehrkräfte, die praxisnah und spielerisch Musik weitergeben möchten: Von Schulungen und Beratungen, über Veranstaltungsleitfäden, bis hin zu eigenem Unterrichtsmaterial bieten sie einen kostenlosen und stetig wachsenden Wissensfundus im Bereich Jazzvermittlung.
Mit Partner*innen wie der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, Musikland Niedersachsen und über 70 Musiker*innen konnten die Jazzpilot*innen bundesweit in sehr persönlichen Begegnungen etwa 2500 Kinder und Jugendliche mit ihrer Arbeit erreichen.
Aktuelles
Die Jazzpilot*innen gewinnen den Deutschen Jazzpreis!
Wir freuen uns sehr darüber, dass unser Jazzpilot*innen-Projekt den Deutschen Jazzpreis 2025 in der Kategorie „Musikvermittlung und Teilhabe“ gewonnen hat!
Alle Informationen zur Preisverleihung und den Preisträger*innen der anderen Kategorien findest du findest du hier:
>>> Webseite Deutscher Jazzpreis
Liveschaltung verpasst?
Hier kannst du die Preisverleihung nachgucken!
Ausschreibung Jazzpilot*innen.Campus
Der Jazzpilot*innen.Campus 2025 bietet 15 Musiker*innen eine interdisziplinäre Fortbildungsmöglichkeit im Bereich Jazzvermittlung und politischer Bildung.
Alle Informationen zur Ausschreibung findest du hier:
>>> Ausschreibung Jazzpilot*innen.Campus 2025
Projekte
Projekte 2025
Jazzpilot*innen.Campus 2025
Workshop Zeitplan für den Jazzpilot*innen.Campus
04. Juni 2025 – 09:30 Uhr bis 12:30 Uhr (online)
- Feldverortung und den eigenen (Kon)Text finden
mit Alicia de Bánffy-Hall
25. Juni 2025 – 10:00 Uhr bis 12:00 Uhr (online)
- Projektplanung und Finanzen
mit Jakob Fraisse
18. bis 20. September 2025 – Landesmusikakademie Niedersachsen (Wolfenbüttel)
- Das eigene Projekt unter die Lupe nehmen
mit Marion Haak-Schulenburg und Anna Groß
Die Dozierenden des Jazzpilot*innen.Campus
Alicia de Bánffy-Hall
BA Performing Arts / Community Music (Liverpool Institute for Performing Arts) und MSc Arts and Cultural Management (Manchester Metropolitan University), Promotion (Hochschule für Musik und Theater in München). Kulturpreis Bayern für ihre Dissertation. 2004–2012 Direktorin der Community Arts Company „Amabadelo“, Projekte in Kultur- Gemeinde- und Bildungseinrichtungen im Bereich Musik, Bewegung und Theater in Liverpool. 2015 konzeptionelle Leitung der ersten vier Community Music Projekte bei den Münchner Philharmonikern. 2018–2021 Beratung Konzerthaus Dortmund zur Entwicklung von Community Music, Mai 2022 bis Juni 2023 Critical Friend der Elbphilharmonie Hamburg bei deren Community Projekt „Love Est“. Seit 2022 Professorin für Community Music an der Hochschule Düsseldorf. Vorsitzende der Community Music Activity Commission der International Society of Music Education, Research Fellow am Laurier Centre for Music in the Community (Kanada), 1. Vorständin vom Community Music Netzwerk, Mitglied Editorial Board International Journal of Community Music.
Jakob Fraisse
Jakob Fraisse ist Kulturmanager, Sozial- und Kulturwissenschaftler und Musiker. Er hat die (inter-)nationale Jazzszene durch seine Arbeit für die jazzahead!, die Deutsche Jazzunion und das Jazzfest Berlin kennengelernt. Er ist Co-Autor der Jazzstudie 2022 und des Berichts zur Situation des Jazz in Deutschland 2024. Bei der jazzahead! ist er für die Themen Partnerland, CLUBNIGHT, Green Touring sowie Improvisation und Jazz für Kinder zuständig, das Jazzfest Berlin berät er zu Aspekten der kulturellen und politischen Bildung.
Marion Haak-Schulenburg
Marion Haak-Schulenburg ist Community Musician mit den Schwerpunkten vokale Arbeit, Body Percussion und interkulturelle musikalische Arbeit. Nach einem Schulmusikstudium an der Universität der Künste Berlin arbeitete sie von 2006 bis 2009 als Chorleiterin, Stimmbildnerin und Lehrerin für elementare Musikerziehung für die Musikschule der Barenboim-Said Stiftung in Ramallah (Palästina). Ab dieser Zeit wendete sie sich dem Feld „Community Music“ zu, wurde zertifizierte Trainerin für die Organisation ‚Musicians without Borders‘ (NL) und arbeitete nach ihrer Rückkehr nach Deutschland in verschiedenen Musikprojekten mit geflüchteten Menschen in Berlin. Zudem forscht sie im Rahmen einer Dissertation über Musikprojekte und ihren Musikbegriff. Seit 2017 ist sie gefragte Dozentin an verschiedenen Hochschulen und Universitäten sowie an Institutionen der musikalischen Weiterbildung und gibt Seminare in den Themenbereichen ‚Community Music‘, ‚Community Singing‘ sowie ‚Interkulturelle Musikpädagogik‘.
Anna Groß
Anna Groß studierte Kultur-, Musik- und Sprachwissenschaften an der HU Berlin und UKZN in Durban/Südafrika. Sie arbeitet seit 2002 in der politischen Bildung, hat 2005 den Verein cultures interactive mitgegründet und betreibt seit 2011 mit Rainer Scheerer das Musiklabel Springstoff. 2023 veröffentlichte sie zusammen mit Marie Jäger den Sammelband „It’s more than just rap – HipHop in der Jugendarbeit“ und 2017 für die Berliner Landeszentrale für politische Bildung die Materialsammlung „Politische Bildung in der Grundbildung“, eine Materialsammlung für die Praxis.
Ausschreibung Jazzpilot*innen.Campus
Du hast eine Idee und fragst dich, wie du ein gutes Vermittlungsformat auf die Beine stellen kannst? Oder du hast dich bisher nicht an das Thema herangetraut, siehst es aber als große Bereicherung für dein künstlerisches Schaffen? Vielleicht hast du auch schon erste Erfahrungen gesammelt und möchtest dein Wissen vertiefen? Dann ist der Jazzpilot*innen.Campus 2025 genau das richtige für dich!
Der Jazzpilot*innen.Campus 2025 bietet 15 Musiker*innen eine interdisziplinäre Fortbildungsmöglichkeit im Bereich Jazzvermittlung und politischer Bildung, die ganz neu konzipiert wurde:
Gemeinsam mit dir suchen, planen und erfinden wir dein neues, innovatives und jazziges Vermittlungsformat mit hohem künstlerischen Niveau, das bei dir vor Ort stattfinden soll. Über ein halbes Jahr bereitest du mit unserer Unterstützung dein persönliches Projekt vor, das Jazzvermittlung, Improvisation und politische Bildung miteinander verbindet. In verschiedenen Modulen lernst du die Grundlagen in der Veranstaltungsorganisation und wir arbeiten gemeinsam an deiner Idee. Unsere Expert*innen begleiten dich durch den ganzen Prozess, bis deine Idee am Ende bühnenreif ist. Dazu wirst du von ihnen in vier Online-Meetings und drei Präsenztagen in Musikvermittlung, politischer Bildung, Diversitäts, Finanzierungs- und Planungsfragen geschult.
Du kannst dich noch bis zum 16. Mai 2025 bewerben!
>>> Alle Informationen zur Ausschreibung sowie das Bewerbungsformular findest du hier.
Projekte 2024
Jazzpilot*innen@Festivals
Die Jazzpilot*innen haben in 2024 ihren Fokus auf die Zusammenarbeit mit Festivals gelegt. Vier Festivals in Deutschland wurden begleitet und mit ihnen zusammen jazzige Vermittlungsformate für Kinder und Jugendliche geplant und durchgeführt. Jedes dieser Formate hatte zusätzlich zur Musik auch einen politisch bildenden Aspekt – angepasst an das Alter der Kinder und die Dauer der Veranstaltung. Für die Kurator*innen war die Arbeit mit Kindern und mit Ideen aus der Demokratieförderung eine bereichernde Erfahrung, die sie gerne fortführen möchten.
Den Auftakt machte das Peng Festival, das jedes Jahr auf dem Gelände der Zeche Carl in Essen stattfindet. 2024 durften zum ersten Mal Kinder dabei sein. Mara Minjoli hatte mit ihrer Band die Geschichtes des “Kleinen Fischs” vorbereitet, der ein großes Abenteuer im Ozean erlebt. Gemeinsam mit ihr durften die Kinder erleben, wie es sich anfühlt, auf einer Bühne zu stehen und Musik zu machen. Geschminkt als kleine Fische, tanzend und singend, hatten sie einen großen Anteil am Gelingen des Konzerts.
Die Jazztage Leipzig haben für ihr Kinderformat eine Band gesucht, die sowohl einen Workshop als auch ein Konzert gestalten kann. Über eine Ausschreibung haben sie das Vienna Soundpainting Collective – ein junges Kollektiv aus Musiker*innen und Tänzer*innen – gefunden. Sie durften in gleich zwei Konzerten und einem Workshop mit Kindern improvisieren und auf der Bühne stehen.
Bei der 45. Jazz Now! und den parallel stattfindenden IG Jazztagen in Stuttgart haben Uwe Kühner und Gabriele Maurer die Hortgruppen des Spielhaus Stuttgart und der Pragschule Stuttgart einen Tag lang musikalisch begleitet, mit ihnen Jazz und Improvisation kennengelernt, getrommelt, gesungen und gespielt und anschließend noch einen Blick hinter die Kulissen des Theaterhauses geworfen. Durch den tagesfüllenden Workshop hatten Kinder zum ersten Mal die Gelegenheit ein eigens für sie geplantes Format bei der Jazz Now! und den IG Jazztagen zu erleben.
Der Abschluss der vier Projekte fand auf dem Jazzfest Berlin statt. Dort konnten die Kinder der Miriam-Makeba-Grundschule gemeinsam mit Vincent Bababoutilabo, Rahel Hutter und Studierenden des Jazzinstituts Berlin eine Woche lang eine eigene Performance erarbeiten, die beim Community Sunday im Jazzinstitut Berlin aufgeführt wurde. Die Kinder lernten nicht nur dirigierte Improvisation und freie Musik kennen, sondern beschäftigten sich auch ausführlich mit Miriam Makeba und dem Vorwort zum ersten Jazzfest 1964, das von Martin Luther King jr. geschrieben wurde.
Durch die Arbeit mit den Jazzpilot*innen haben nicht nur Kinder einen Weg zum Jazz gefunden – auch die Arbeit der Festivalmacher*innen wurde nachhaltig beeinflusst. Durch die enge Begleitung der Kurator*innen und Dozierenden durch Jan Monazahian, Projektverantwortlicher der Jazzpilot*innen, konnten neue Vermittlungsformate im Sinne der Jazz- und Demokratieförderung gemeinsam entwickelt und in den Festivalkontext eingebunden werden. Im Dezember 2024 haben wir zudem einen Leitfaden herausgegeben, in welchem die Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Projekt einflossen.
Das Modellprojekt „Jazzpilot*innen@Festivals“ wurde von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb gefördert.
>>> Ein Veranstaltungsleitfaden ist kostenlos als Download verfügbar.
Jazzpilot*innen zu Gast im Klassenzimmer
2024 waren die Jazzpilot*innen Kooperationspartner beim Programm “Jazzpilot*innen zu Gast im Klassenzimmer” von Musikland Niedersachsen. 15 professionelle Musiker*innen wurden im Bereich politische Bildung weitergebildet und durften im Oktober und November mehr als 60 Schulklassen in ganz Niedersachsen besuchen.
In den Workshops wurden Schüler*innen an musikalische Improvisation und Jazz im Sinne der Jazzpilot*innen herangeführt. Die Schulen bereiteten die Besuche mit dem eigens für dieses Programm entwickelte Unterrichtsmaterial vor, das nun kostenlos zum Download verfügbar ist.
>>> Das Unterrichtsmaterial ist hier kostenlos als Download verfügbar.
Projekte 2023
Jazzpilot*innen auf dem Jazzfest Berlin
Die kommenden Generationen standen beim Jazzfest Berlin 2023 bereits vor Beginn des Konzertprogramms im Zentrum des Geschehens: In den Berliner Herbstferien bot das Jazzfest ImproCamp 30 Kindern im Alter von neun bis zwölf Jahren, die über verschiedene soziale Träger eingeladen wurden, einen ganzheitlichen, transdisziplinären Zugang zur Kunst der Improvisation. Auf spielerisch-intuitive Weise wurde an fünf Tagen getanzt, gemalt und Musik gemacht. Die Kinder blickten hinter die Kulissen des Festspielhauses und trafen in Gesprächen und Workshops auf Musiker*innen des Festivals.
In Kooperation mit den Jazzpilot*innen und unter der Leitung eines erfahrenen Teams aus Pädagog*innen und Künstler*innen, bestehend aus Jakob Fraisse, Jan Darius Monazahian und Ulrike Schwarz, sowie den Workshopleiter*innen um die Regisseurin und Musikerin Nelly Thea Köster, den Maler, Tänzer und Choreograf Camilo Milton und den Musiker und Sänger Tobias Christl konnten die teilnehmenden Kinder in die Vielfalt der Improvisation eintauchen – von Experimenten mit Klängen und der eigenen Stimme über Tanz bis hin zu Schauspiel und Malerei.
Zusätzlich zu den Workshops gab es im Rahmen des diesjährigen Jazzfest Berlin „Tagesspecials“, die den Kindern Einblicke hinter die Kulissen des Festivals gewährten. Als Teil dessen durften sie Soundchecks von den Pianist*innen Aki Takase und Alexander von Schlippenbach miterleben und mit ihnen ins Gespräch kommen. Ebenfalls trafen sie auf den gleichaltrigen Mädchenchor der Sing-Akademie zu Berlin und auf die Kapellknaben des Staats- und Domchor Berlin, die in der Festivalwoche von Montag bis Donnerstag ebenfalls ganztägig sowohl im Haus der Berliner Festspiele als auch in der Universität der Künste für das Eröffnungskonzert Apparitions probten.
Als finaler Höhepunkt wurden am Freitag die Ferienkindergruppen des exploratorium berlin und des teeny Musik treff ins Haus der Berliner Festspiele eingeladen. Neben den Teilnehmenden des Jazzfest ImproCamp präsentierten sie in einer kleinen Werkschau vor den jeweils anderen Gruppen, was sie in der Woche ausprobiert und gelernt hatten. Krönender Abschluss war ein kollektiver Impro-Impuls des Jazzfest-Künstlers und Schlagzeugers Paal Nilssen-Love und seiner Vokalistin Juliana Venter.
Losgelöst von Leistungsdruck und unabhängig von musikalischen Vorkenntnissen, ermöglichte das Jazzfest ImproCamp neue Begegnungen und schuf ein kreatives Umfeld, in dem Kinder ihre Fähigkeiten entfalten und sich ausprobieren konnten.
>>> Hier geht es zur Dokumentation der Auftragsinszenierung Apparitions x Jazzfest ImproCamp for kids.
Modellprojekte in der Praxisphase 2023
Zum ersten Mal konnten die Jazzpilot*innen 2023 ihre Ideen in der Praxis erproben. Nach einem Aufruf sind insgesamt 23 Vermittlungsprojekte zu Jazz, Improvisation und politischer Bildung mit Kindern und Jugendlichen aus der ganzen Bundesrepublik bei uns eingegangen. Eine Jury hatte die schwere Aufgabe fünf von ihnen auszuwählen.
In der Jury wirkten Alexander von Nell (Netzwerk Junge Ohren), Sina-Mareike Schulte und Anne Benjes (Musikland Niedersachsen), Ulrike Schwarz (AG Jazzpilot*innen), Prof. Michael Görtler (Sozialwissenschaftler) und Johanna Schneider (Vorstand Deutsche Jazzunion) mit.
Die Bandbreite der ausgewählten Projekte reicht von Spielarten der musikalischen Improvisation und Komposition über Hörspiel- und App-Nutzung bis hin zum Musizieren als demokratischem Prozess.
Im April fand für alle Teilnehmer*innen ein Workshop zur politischen Bildung statt. Nach Abschluss der Modellprojekte bis Ende August 2023 wurden diese in einem Podcast und einer Printpublikation zum Jahresende vorgestellt. Alle Projekte wurden von der Deutschen Jazzunion sowie der bpb kofinanziert und von Expert*innen aus der Jazzvermittlung sowie der politischen Bildung fachlich begleitet.
Harlem am Main (Jonas Lohse)
Über die Beschäftigung mit der Geschichte der Swing-Jugend als widerständige Subkultur einerseits, und durch einen musikpraktischen Workshop andererseits möchten wir gemeinsam mit Jugendlichen der These Wiglaf Drostes auf den Grund gehen: „Ein menschliches Gehirn, das mit Jazz Fühlung aufnimmt, verliert seine rechten Winkel. Jazz ist die Verneinung des Stechschritts und des Marschiertritts“.
Das Projekt „Harlem am Main“ richtet sich an Jugendliche ab der 10. Jahrgangsstufe.
„Jazz in / Jazz out“
Jazz in / Jazz out ist ein zweiteiliger Workshop, der das Ziel hat, Jazz und Demokratieverständnis in spielerischer Art und Weise zu verbinden. Dieser richtet sich in seiner ersten Phase an Schüler*innen der studienvorbereitenden Ausbildung (SVA) und in seiner zweiten Phase an interessierte Jugendliche, welche nicht zwangsläufig musikalische Vorerfahrung mitbringen müssen.
Mit den Schüler*innen der SVA als Assistent*innen werden wir gemeinsam mit den interessierten Jugendlichen demokratische Werte mit improvisatorischer Praxis verbinden, um am Ende im Rahmen eines Konzertes die Ergebnisse zu präsentieren.
„Projekt Hörspur – klingende Orte der Vergangenheit: SS-Sonderlager KZ-Hinzert“
(Barbara Neumeier)
Im Rahmen des Projektes „Hörspur“, einer Kooperation der HBK Saar, der Hochschule für Musik Saar und der Medieninformatik der Universität des Saarlandes, wurde u. a. im SS-Sonderlager KZ Hinzert (https://www.gedenkstaette-hinzert-rlp.de/) eine App eingerichtet, mit der Besucher den Ort „hörbar“ machen können. Basierend auf historischen Zeugnissen wurden Geschichten des Ortes mit komponierter und improvisierter Musik von einer Band um Barbara Neumeier zu einem interaktiven Hörspiel zusammengestellt, bei dem die Zuhörer*innen je nach gewähltem Laufweg aktiv die Erzählung beeinflussen können.
Ausgehend von erhaltenen Zeugnissen, Zeitzeugenaussagen, Tagebüchern und den Informationen der Historiker*innen der Gedenkstätte, entstand für die App eine fiktive, aber realistische Geschichte über den Häftlingsjungen „Lucien“. Obwohl es keine oder kaum sichtbare Umrisse oder erhaltene Gebäude mehr gibt, kann man anhand der Pläne die genauen Orte der einzelnen Gebäude nachvollziehen.
Barbara Neumeier hat gemeinsam mit ihrem Team ihre Erfahrungen aus der Arbeit für die App für einen Schüler*innen-Workshop aufbereitet. Ziel sollte es sein, den Ort als Zeugnis unserer Geschichte zu erfahren, sich damit auseinanderzusetzen und eigene Gedanken in Form einer ästhetischen Dimension, in Musik, zu kreieren und zu transformieren. Das kritische Handeln, die Reflexion des Geschehenen und die individuelle Erfahrbarkeit stellen dabei Voraussetzungen, Bedingungen und Perspektiven für ein politisches Verständnis und ein eigenes verantwortungsvolles Tun in der heutigen Zeit dar.
Die Schüler*innen arbeiteten mit historischem Material in Kleingruppen, um eine musikalische Performance vorzubereiten. Eine Gruppe verklanglichte zum Beispiel Zeitzeug*innenberichte mithilfe eines elementaren Instrumentariums wie Stabspielen, Boomwhackers und Kleinpercussion und improvisierte mit der Stimme. Eine andere Gruppe schrieb einen kleinen Song mit sich wiederholenden Harmonieschemata, der durch Tanzperformances untermalt und von Gitarre und Cajón begleitet wurde. Die dritte Gruppe schrieb einen Rap, der mit einfachen Harmonien von Gitarre, Stabspielen und Boomwhackers umgesetzt wurde und mit einem Beatboxrhythmus, verstärkt durch Trommelinstrumente, rhythmisiert wurde.
Barbara Neumeier schreibt: “Insgesamt waren wir alle von den Ergebnissen der Schüler*innen unglaublich berührt. Sie diskutierten zu jeder Zeit ernsthaft und reflektierend über den Ort, die Geschehnisse und die eigenen Erlebnisse (z. B. Migrationspolitik, eigene Erfahrungen mit Fremdenhass u. a.). Sie zeigten sich sehr interessiert und jede*r fand einen Platz in der Gruppe und eine ganz individuelle Art, sich auszudrücken und eigene Ideen umzusetzen. Auch ohne weitreichende musikalische Vorerfahrungen gelang es, in intuitiver Form, mit elementaren Mitteln und ganz unterschiedlichen eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten eine Collage zu erstellen, die uns als Dozent*innen sehr beeindruckte.”
In den folgenden Musikstunden wurden die Videos der Performances angeschaut und über Ergebnisse geredet. Es zeigte sich, dass die Schüler*innen noch viele weitere Ideen haben und es ihnen sehr gut gefallen hat, selbst musikalisch aktiv zu werden. Sie merkten, dass sie gemeinsam kreativ in einen Auseinandersetzungsprozess mit einem Ort, einer Geschichte und dem eigenen Handeln gerieten, der sie nachhaltig beeinflusste.
„Kiklimute 2023 Kinder-Klang-Improvisations-Musik-Konzert“ (Mascha Corman)
Die Grundidee von dem Kiklimute-Format ist das Erleben von Musik und Urheberschaft sowie die Auseinandersetzung im Gruppengeschehen mit aktuellen Themen. Konkret bedeutet das, dass sich die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen (9–14 Jahre) als Improvisator*innen, Texter*innen, Dramaturg*innen, Komponist*innen und Gestalter*innen erleben und sich mit (für sie) relevanten musikalischen, politischen, sozialen und alltags- bzw. altersbezogenen Themen auseinandersetzen. Durchgeführt wird das Ganze an einem Wochenende im September 2023.
Das Ganze machen wir, weil wir junge Menschen an improvisierte, experimentelle und traditionelle Klänge des Jazz heranführen möchten und ihnen Wege aufzeigen wollen, wie sie ihre Ideen und Meinungen musikalisch gestalten und in der Gruppe vertreten können.
„Körper in Bewegung bringen – STATT_WERK_WORKS“ (Octavia Gloggengiesser und Karin Perk)
Die Teilnahme an der Jazzpilot*innen Fortbildung 2022 in Hannover motivierte mich, ein Improvisationsangebot im Teeny Musik Treff, einer offene Einrichtung mit einem Schwerpunkt für Musik mit Mädchen, anzubieten. In Form eines Wochenkursangebotes, wurde die Idee 2023 schließlich konkret.
Meine Erfahrungen, die ich in der Vermittlung von Improvisation, insbesondere als Klavierpädagogin im Einzelunterricht, gesammelt hatte, flossen mit dem Input der Jazzpilot*innen Fortbildung und meinen persönlichen Erfahrungen als Improvisationsschülerin zusammen. Die Erweiterung meiner Ideen auf eine kleine Gruppe von Improvisierenden an verschiedenen Instrumenten stellte mich vor neue Herausforderungen, die ich bisher nicht kannte. Von Anfang an konnten wir einige Jugendliche als regelmäßige Teilnehmer*innen gewinnen, andere schauten nur ab und zu mal vorbei. Im Wochenkurs bemerkten wir, dass es nicht allen gleich leicht fällt, sich selbst die Erlaubnis zum ‚freien Spiel‘ und zum ‚spielenden Forschen’ zu geben – das, was jüngere Kinder noch aus dem ‚FF‘ beherrschen. Dem Umstand, dass Improvisation nicht nur als ein Gewinn an Freiheit, sondern auch als Unsicherheit erlebt werden kann, versuchten wir durch möglichst konkrete Übungen, Vorgaben und Spielvarianten entgegenzuwirken. Wir nutzten Übungen, die zunächst jeweils nur einen Aspekt des musikalischen Gestaltens in den Mittelpunkt stellten. Sei es das Spiel mit Pausenlängen, das Spiel mit Dynamik, oder das Spiel mit Phrasenlängen und Artikulation. Durch die einschränkenden Spielregeln tritt das Handeln in den Vordergrund und die Musik entsteht auf wundersame Weise ganz einfach nebenbei.
Jede Wocheneinheit hatte einen anderen thematischen Schwerpunkt und die Abwechslung und die Neugier auf das ‚Neue’ wurde so zum festen Bestandteil unserer Zusammenarbeit. Schließlich wurde nicht nur das Unvorhersehbare hörbar, sondern durch die Kommunikation über den Prozess des Spielens, Zuhörens, Verstehens und Weiterentwickelns, wurde auch die soziale Komponente des gemeinsamen Denkens und Handelns herausgefordert und konnte wachsen. Neben dem Hören und Analysieren des Entstandenen ist auch das innere Erleben und das Spüren ein wichtiger Aspekt, der beim Besprechen und somit im sozialen Miteinander eine Rolle spielt. Wie fühlt es sich an, wenn etwas entsteht, das beabsichtigt war, aber anders verläuft oder sich Unbeabsichtigtes ergibt, weil verschiedene Intentionen von Spieler*innen aufeinandertreffen? Da die Abwesenheit der Kategorie „alles richtig machen zu müssen“, die Improvisation begleitet, ist das Tun durch Überraschung, Freude und Lebendigkeit geprägt. Mit der Zeit entwickelt sich so eine immer größere Sicherheit, diese Wege gehen zu können und damit auch ein zunehmendes Zutrauen sich selbst gegenüber, die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Denn Improvisieren ist wie Laufen oder Radfahren lernen: Man hat so viel Freude daran, dass man immer wieder aufsteht, es neu probiert und mit der Zeit gelingt es nicht nur immer besser und vollendeter, sondern sogar Kunststücke oder freihändiges Fahren gelingen aus dem Handumdrehen. Durch das Kennenlernen der eigenen Möglichkeiten und Ressourcen wird das Selbstbewusstsein stärker und der Handlungsspielraum erweitert sich kontinuierlich. Das Besprechen und gemeinsame Beurteilen der Ergebnisse in Bezug auf die Vorgaben und Absichten ermöglicht ästhetisches Lernen und fördert das demokratische Bewusstsein, denn auch eine soziale Kategorie muss in der Improvisationsgruppe beständig mitgespielt und geübt werden.
Die Praxisphase 2023 wurde von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb gefördert.
Materialien
Leitfaden
„Planung von Kinder- und Jugendformaten“
Dieser Leitfaden ist im Rahmen des Projekts Jazzpilot*innen@Festivals, welches von Mai bis Dezember 2024 durchgeführt wurde, entstanden.
Projektleitung & Redaktion:
Jan Darius Monazahian
Hier kann er kostenlos runtergeladen werden → Download
Unterrichtsmaterial
Jazzpilot*innen zu Gast im Klassenzimmer
Autor*innen: Jan Darius Monazahian, Magdalena Otto, Joan Enchev, Vincent, Bababoutilabo, Veronika Krüger
Das komplette Material gibt es kostenlos als → Download
Stand: 2024
Poster
„Cymbals Stand for Power“ (Englisch)
Im Rahmen ihres Jazzpilot*innen-Projekts vermittelte Ulrike Schwarz gemeinsam mit Studierenden der HfMDK einer 4. Klasse Improvisation und Demokratie. Ihre Erfahrungen und den Kern des Jazzpilot*innen-Projektes hat Ulrike in diesem Poster zusammengefasst.
Es ist in englischer Sprache verfasst und kann hier kostenlos runtergeladen werden → Download
Perspektiven 2024
Was die Jazzpilot*innen bisher erreicht haben
Das Portfolio liefert einen Überblick, in dem die einzelnen Stationen der verschiedenen Projekte noch einmal ausführlicher beleuchtet werden.
Hier kann es kostenlos runtergeladen werden → Download
Jazzpilot*innen Dokumentation
Im Rahmen der Recherchephase haben wir Autor*innen aus der Musikpädagogik und der politischen Bildung gebeten, Texte über Jazzpädagogik zu schreiben. Daraus ist eine Publikation entstanden, die du online lesen oder in gedruckter Form bestellen kannst.
Erste Ergebnisse aus den letzten zwei Jahren finden sich in dieser umfangreichen Dokumentation zum → Download.
Jazzpilot*innen in der Jubiläumschronik
Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Deutschen Jazzunion wurde eine umfassende Chronik veröffentlicht, in der die Jazzpilot*innen natürlich nicht fehlen dürfen. Auf den Seiten 236 bis 243 finden sich alle Informationen zu dem Projekt.
Die komplette Chronik steht hier allen Interessierten kostenlos zur Verfügung.
→ Download
Wir möchten dir auch unseren neuen Podcast Der Jazzpilot*innen-Funk ans Herz legen. Mit unseren Gästen aus der Jazzpädagogik und der politischen Bildung kommen wir regelmäßig ins Gespräch und schauen auf innovative Vermittlungsformate. Dabei fragen wir uns, was guten Unterricht eigentlich ausmacht und sind direkt an den aktuellen Trends rund um die Jazzvermittlung dran.
Vorbeihören lohnt sich!
Episode 1: Bundeszentrale für jazzige Bildung
Es rumpelt und knarzt im Funkgerät. Kurze Aussetzer in der Verbindung sind aber nichts ungewöhnliches im funklochgebeutelten Deutschland. Trotz Flug auf Sicht landen wir sicher vor der Haustür der Bundeszentrale für politische Bildung und werden von Lisa Philippen-Burdich empfangen. Mir ihr und Jakob Fraisse, dem Cheffluglotsen der Jazzpilot*innen, sprechen wir in Folge 3 des Jazzpilot*innen Funks über Flugrouten und Landeplätze, die die Jazzpilot*innen im kommenden Jahr ansteuern wollen.Episode 2: Frag doch mal die Jazzpilot*innen
Good Morning Ladies and Gentlemen, this is your pilot speaking: Wir verlassen Berlin mit einer Verspätung von 30 Minuten. Unser nächstes Ziel ist Frankfurt a.M. Für die Unterhaltung an Bord sorgen heute Christof Griese, Corinna Danzer und Ulrike Schwarz, die nicht nur alle Saxophon spielen, sondern auch für die Ausbildung neuer Jazzpilot*innen zuständig sind. In der Doppelfolge 2 des Jazzpilot*innen Funks erwartet uns eine Geschichtsstunde der Jazzfliegerei und ein Blick in die Zukunft des Unterrichtens.
Episode 3: Gefangen im Jazzcape-Room
Die Jazzpilot*innen heben ab und nehmen Kurs auf Hannover. In der Landeshauptstadt Niedersachsens landen wir vor einem Jugendzentrum. Neben Gamer*innen, Schulklassen und verwirrte Musiker*innen treffen wir dort Jörn Marcussen-Wulff, der mit seiner Bigband “Fette Hupe” gerne Escape-Room Spiele spielt. Was das alles mit Jazz zu tun hat, erfahrt ihr in Folge 1 des Podcasts Jazzpilot*innen Funk.Episode 4: Jazztherapie für das Bildungssystem
Auf unseren Jazzflugreisen beruhigt unser geschultes Personal bei Flugangst. Aber was ist, wenn die Angst auf der Bühne kommt, im Unterricht, oder sogar beim Üben? Mit Thomas Rückert sprechen wir über Mikrotraumata, die unser Bildungssystem durchziehen, worauf im Unterricht zu achten ist und was Jazzpilot*innen besser machen können, um Jazz achtsam und nachhaltig zu vermitteln.Ansprechpartner
Projektleitung Jazzpilot*innen
Jan Darius Monazahian
jan.monazahian@deutsche-jazzunion.de