Bericht zum Hands-On-Workshop „Politische Bildung in die jazzpädagogische Arbeit integrieren“
Die Jazzpilot*innen rollen mit ihren Projekten auf die Startbahn und kriegen letzte Instruktionen vom Kontrollturm. In diesem sitzen Prof. Dr. Michael Görtler, Lehrstuhlinhaber für Theorien und Geschichte der Sozialen Arbeit an der OTH Regensburg und Experte für politische Bildungsarbeit, sowie Joan Enchev, freier politischer Bildner. Die beiden gingen am Samstag, den 01. April 2023 im Rahmen eines dreiteiligen Hands-On-Tagesworkshops mit den Jazzpilot*innen ihre Flugrouten durch und nahmen letzte Kurskorrekturen vor.
Zunächst wurden alle Pilot*innen auf einen Stand gebracht, Einführung Politikwissenschaft „in der Nussschale“. So kannten nach dieser Einheit alle den Unterschied zwischen Politik und Demokratie, oder wussten, dass die Idee von politischer Bildung ist, Wissen zu vermitteln, damit Menschen Politik verstehen und daran partizipieren können. Sie soll die Fähigkeit des Zusammenlebens, der Meinungsartikulation und der Teilhabe fördern. Es geht also um Bildungsprozesse, die Kindern und Jugendlichen ermöglichen, grundlegende Fragen für sich zu beantworten: Wer bin ich? Was kann ich ausrichten? Wie kann ich mich einbringen? Und sie hilft im Sinne einer emanzipatorischen und kritischen politischen Bildung mit Krisen und Kontroversität umzugehen, Machtverhältnisse zu kritisieren und Veränderung anzugehen.
Im zweiten Teil des Workshops wurde es dann praxisbezogener. Joan Enchev skizzierte, wie idealtypische Formate der politischen Bildungsarbeit ablaufen. Eine solche Dramaturgie von Bildungsveranstaltungen besteht aus fixen und gestaltbaren Inhalten, in denen partizipative Elemente dafür sorgen, dass Form und Inhalt zusammenpassen. Dabei spielt der Beziehungsaufbau genauso eine wichtige Rolle wie das Erwartungsmanagement. Auch eine gemeinsame Reflexion ist ein essenzieller Bestandteil. Ziel ist hierbei ein Prozess, in dem Kontroversität Raum erhält und Konflikte gelöst werden können, um so eine empowernde Wirkung zu entfalten.
Im dritten und letzten Teil wurden diese theoretischen und praktischen Überlegungen auf die Konzepte der verschiedenen Projekte angewandt und diese auf „Sollbruchstellen“ überprüft. Ein letzter Maschinencheck vor dem Start also. Die Umsetzung von Aspekten politischer Bildungsarbeit ist dabei in den verschiedenen Projekten unterschiedlich gelagert. Alle gemein haben, dass Begriffe aus der Politik eine wichtige Rolle spielen und im Rahmen der jazzpädagogischen Arbeit verbalisiert werden. Das können Aspekte wie Selbstbestimmung, Kritik, Emanzipation, Freiheit oder Souveränität sein. „Denkt Eure Projekte zur Hälfte als politische Bildungsveranstaltung!“ empfiehlt Prof. Dr. Michael Görtler. Und dabei heraus kommen dann sehr unterschiedliche Ansätze. Ein Projekt hat beispielsweise einen inhaltlich musikhistorischen Bezug, thematisiert Werte und Normen wie Zwang im Kontrast zur Freiheit am Beispiel des Aus-der-Reihe-Tanzens der Frankfurter Swing-Jugend. Andere fokussieren sich mehr auf den Aushandlungsprozess des Zusammenspiels auf musikalischer und verbaler Ebene und die Reflexion dieses Prozesses. Wieder ein anderes versucht den Ort einer NS-Gedenkstätte über musikalische Improvisation erfahrbar zu machen. Auch die Verhandlung von Körpernormen in der Gesellschaft wird in einem Projekt thematisiert und hinterfragt sowie die eigene Körperwahrnehmung im Sinne von Body Positivity geschult.
Am Ende des Tages wird die Startrampe freigegeben. Das heißt nicht, dass die Planung der Route abgeschlossen ist. Die Pilot*innen heben gerade erst ab. Es wird sicherlich die ein oder andere Kurskorrektur geben. Und sie werden sich sicherlich durch diverse Turbulenzen kämpfen müssen. Aber zum Glück gibt es da diesen Kontrollturm, zu dem der Kontakt nicht abreißen wird. Und im Herbst wird eine gemeinsam gestaltete Dokumentation dann die Geschichten der Reisen erzählen.
Mehr Informationen zu den Jazzpilot*innen und den ausgewählten Projekten unter
https://www.deutsche-jazzunion.de/jazzpilotinnen/
Kontakt
Deutsche Jazzunion e. V.
Markgrafendamm 24 - Haus 16
10245 Berlin
Deutschland
post@deutsche-jazzunion.de
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