Wahlprogramme der Parteien berücksichtigen zu wenig Belange der freien Musikszene
Musikverbände fordern stärkeren Blick auf das kreative Potenzial und spezifische Bedarfe
Berlin/Köln 11.02.2025 | Nach der Veröffentlichung ihrer fünf Kernforderungen im November 2024 haben sich die Musikverbände Deutsche Jazzunion, FREO, PRO MUSIK und unisono intensiv mit den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl auseinandergesetzt und die geplanten Maßnahmen für die professionelle Musikszene in Deutschland analysiert. Dabei zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen den Parteien hinsichtlich der Förderung und Unterstützung der freien Musikszene.
Unterschiedliche Ansätze in der Bundeskulturförderung
Im Bereich der Bundeskulturförderung gehen die Konzepte der Parteien stark auseinander. Während SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE eine deutliche Stärkung und Ausweitung der bisherigen Förderung anstreben, vertreten FDP und AfD die Ansicht, dass die Verantwortung für kulturelle Förderung primär bei den Ländern liegt. Diese Haltung könnte insbesondere für die freie Musikszene Herausforderungen mit sich bringen, da sie auf eine stabile und verlässliche Bundesförderung angewiesen ist - beispielsweise durch den Musikfonds.
Soziale Absicherung und angemessene Vergütung
Die Frage nach einer besseren sozialen Absicherung und fairen Vergütung für Musikschaffende wird von den Parteien unterschiedlich beantwortet. SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE sprechen sich für Verbesserungen in diesem Bereich aus. Demgegenüber äußern sich CDU, FDP, BSW sowie AfD entweder nicht oder lehnen entsprechende Maßnahmen ab. Die unklare Haltung dieser Parteien lässt befürchten, dass sich die Arbeitsbedingungen in der freien Musikszene ohne gezielte politische Maßnahmen weiter verschlechtern.
Bürokratieabbau und steuerliche Fragen
Ein weiteres zentrales Anliegen der Musikverbände ist die Vereinfachung des Zuwendungsrechts. In den Wahlprogrammen findet sich hierzu jedoch meist nur der allgemeine Hinweis auf „Entbürokratisierung“ ohne konkrete Vorschläge zur Umsetzung.
Ein wichtiges Thema für viele freischaffende Musiker*innen und freie Ensembles und Orchester ist zudem die Doppelbesteuerung bei internationalen Auftritten. Hierzu haben lediglich FDP und DIE LINKE eine klare Position formuliert, während andere Parteien keine oder nur vage Aussagen treffen. Eine fehlende Lösung in dieser Frage könnte die wirtschaftliche Lage vieler Musikschaffender weiter erschweren.
Fazit der Musikverbände
Die Analyse der Wahlprogramme zeigt, dass die Parteien sehr unterschiedliche Auffassungen über die Bedürfnisse und Herausforderungen der professionellen Musikszene in Deutschland haben. Die Musikverbände appellieren an die zukünftige Bundesregierung, die Anliegen der freien Musikszene stärker im Fokus zu haben, entsprechend ihrer kulturpolitischen Bedeutung zu fördern und die passenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Eine verantwortungsvolle Kulturpolitik muss die gesellschaftliche Relevanz und das kreative Potenzial der freien Musikszene im Blick haben und ihre spezifischen Bedarfe angemessen berücksichtigen. Die Musikverbände werden sich weiterhin aktiv in den politischen Diskurs einbringen und die Interessen der freien Musikszene vertreten.
Hintergrund: Bedeutung der freien Musikszene
Die freie Musikszene, bestehend aus selbstständigen Musiker*innen, freien Ensembles und Orchestern, leistet einen essentiellen Beitrag zur kulturellen Vielfalt in Deutschland. Sie fördert den direkten Austausch mit dem Publikum, wirkt in lokalen Kontexten und setzt sich mit aktuellen gesellschaftlichen Themen auseinander. Gerade in Zeiten multipler Krisen und eines erstarkenden antidemokratischen Klimas ist eine starke und unterstützende Kulturpolitik von großer Bedeutung. Eine nachhaltige Förderung der freien Musikszene auf Bundesebene kann dazu beitragen, diese gesellschaftlich wertvolle Arbeit zu sichern und weiterzuentwickeln.
Unterzeichnende Musikverbände:
Deutsche Jazzunion e.V.
FREO – Freie Ensembles und Orchester in Deutschland e.V.
Pro Musik – Verband freier Musikschaffender
unisono – Deutsche Musik- und Orchestervereinigung e.V.
Bei Fragen wenden Sie sich an die Vertreterinnen der Verbände.
Deutsche Jazzunion e.V.
Camille Buscot (Geschäftsführerin)
post@deutsche-jazzunion.de
FREO – Freie Ensembles und Orchester in Deutschland e.V.
Lena Krause (Geschäftsführerin)
krause@freo-netzwerk.de
Pro Musik – Verband freier Musikschaffender e.V.
Ella Rohwer (Geschäftsführerin)
mail@promusikverband.de
unisono – Deutsche Musik- und Orchestervereinigung
Uli Müller (Pressesprecherin)
mueller@uni-sono.org
Kurzportraits der Verbände:
Die Deutsche Jazzunion wurde 1973 gegründet und ist als Sprachrohr der Jazzmusiker*innen in Deutschland eine wichtige Ansprechpartnerin für die Politik auf Bundesebene. Zu den Kernzielen des Verbands gehören die Verbesserung der Vergütung und der sozialen Absicherung von Jazzmusikerinnen, der Ausbau der spezifischen Förderung für Jazz und Improvisierte Musik sowie die Stärkung der Spielstätten.
www.deutsche-jazzunion.de
FREO – Freie Ensembles und Orchester in Deutschland e.V. ist Netzwerk und Interessenvertretung der privatwirtschaftlich getragenen (freien) Klangkörper in Deutschland. Der Verein setzt sich für eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen, eine nachhaltige Kulturpolitik und zukunftsweisende Förderstrukturen ein. Schwerpunkte seiner Arbeit sind die Stärkung der Sichtbarkeit freier Klangkörper, die Vermittlung von Wissen über ihre Arbeitsstrukturen und damit verbundene Herausforderungen. FREO agiert als Berater, Ansprechpartner, politisches Sprachrohr und Vermittler und entwickelt Empfehlungen und Forderungen zu verschiedensten Anliegen der freien Klangkörper.
www.freo-netzwerk.de
PRO MUSIK – Verband freier Musikschaffender e.V. wurde 2021 inmitten der Herausforderungen der Corona-Pandemie gegründet, um die Interessen freier Musikschaffender zu vertreten. Unabhängig von Genre oder akademischer Ausbildung setzen wir uns für die Belange aller ein, die die Musikkultur in Deutschland bereichern. Unsere Kernziele sind soziale Absicherung, Faire Vergütung und bessere Arbeitsbedingungen für freie Musikschaffende.
www.promusikverband.de
unisono – Deutsche Musik- und Orchestervereinigung
unisono engagiert sich für die Interessen der Musiker*innen in Berufsorchestern und Rundfunkchören, für Freischaffende sowie für Lehrbeauftragte und Studierende an Musikhochschulen. Der Verband mit rund 13.000 Mitgliedern setzt sich für faire Arbeitsbedingungen und gerechte Entlohnung ein. Zudem ist er dem Erhalt und der Weiterentwicklung unserer weltweit einzigartigen Orchester- und Musiklandschaft verpflichtet.
www.uni-sono.org
Zum Download:
Pressefotos zum Download
Logopaket Deutsche Jazzunion zum Download
Weitere Informationen: www.deutsche-jazzunion.de